Die neue Zeit oder Was das Nachdenken über bedingungsloses (!) Grundeinkommen uns lehren kann

 


Wir erleben gerade wie das Ende einer Zeit eingeläutet wurde, die noch nicht ganz vorbei ist. Die neue ist gleichzeitig noch nicht ganz da. Was nützt es da der alten Zeit nachzuweinen und vor der neuen Zeit Angst zu haben. Die neue Zeit ist immer nur das, was wir aus ihr machen. Oder wie Götz Werner es einmal so schön formulierte: "Das bedingungslose Grundeinkommen muss die Gesellschaft erst einmal denken können, damit es irgendwann umsetzbar ist. Das erreicht man nicht durch politische Debatten, sondern darüber, dass wir miteinander darüber reden, uns gegenseitig zuhören, es erlebbar und erfahrbar machen."
Das Denken reicht in vielen Fällen nicht mehr aus. Es geht darum zu fühlen, zu spüren, zu erfahren. Das Denken reicht meist nur soweit wie die eigene Vorstellungskraft. Das Erfahren macht die Dinge erlebbar. Im Denken sagen wir: „Ja, aber dann würden doch diese ganzen faulen Leute nie wieder arbeiten gehen, die jetzt schon nur rumhängen und uns auf der Tasche liegen, uns, die wir so viel arbeiten.“ Und auf die Frage: „Würdest du denn arbeiten gehen oder faul anderen auf der Tasche liegen?“ antworten wir im Brustton der Überzeugung: „Ich würde natürlich arbeiten gehen, aber all die anderen Faulen natürlich nicht.“
Wenn der gleiche Mensch, der das von sich gibt, einfach so, ein bedingungsloses Grundeinkommen bekommt, so dass er jeden Tag neu entscheiden kann, ob er denn wirklich weiter jeden Tag arbeiten gehen würde, ändert sich etwas grundlegendes: das Gefühl zur Arbeit. Denn wenn Arbeit Exstenzsicherung bedeutet, hat man nicht die Wahl. Wenn Arbeit aber eine Entscheidung ist für etwas, wofür man brennt, was man aus tiefstem Herzen liebt, dann ergibt sich auf einmal eine völlig neue Situation. Wenn diese Entscheidung unabhängig von der Existenz getroffen werden kann, merkt man auf einmal, dass man vielleicht gar nicht so gerne Marketing für Süßigkeiten für Kinder macht, die dann auch die eigenen Kinder an der Supermarktkasse haben wollen, die man ihnen aber nicht kaufen möchte, weil man weiß, dass sie für den kleinen Kinderkörper pures Gift sind. Man merkt auf einmal, dass man nicht mehr unbedingt den ganzen Tag im Büro sitzen möchte, um die Streitereien von anderen Personen anhand von Gesetzen zu klären. Man merkt vielleicht auch, das man es langweilig findet, durch die Stadt zu laufen und Strafen an Menschen zu verteilen, die sich aus welchen Gründen auch immer nicht an Vorgaben halten, die man sich noch nicht einmal selbst ausgedacht hat, die einem selbst auch völlig unsinnig erscheinen, aber für deren Durchsetzung man doch verantwortlich ist. All das merkt man auf einmal.
Man erfährt was es heißt, seine Existenz nicht mehr sichern zu müssen. Man erfährt, was es bedeutet, frei zu sein von Zwängen, in denen man nie sein wollte. Man erlebt am eigenen Leib, warum die angeblich Faulen nicht den ganzen Tag in einem Callcenter sitzen möchten, um Menschen Dinge anzudrehen, die sie gar nicht haben wollen.
Eine Freundin von mir wurde vor vielen, vielen Jahren vom Arbeitsamt in ein Callcenter verfrachtet. Ein absoluter Horror für sie, weil sie auf einem Ohr schlecht hört und alles andere als eine gute Verkäuferin ist – sonst hätte sie sich in ihrem Leben wohl auch eher für Verkauf als für Kunst entschieden. Es war zur Zeit der Flutkatastrophe an der Elbe und sie hatte auf einmal Menschen am Telefon, deren gesamtes Hab und Gut gerade weggeschwommen war und denen sie nun ein neues, teures Handy aufdrängen sollte. Sie brachte es nicht über Herz diesen Menschen, die in ihrer Verzweiflung vielleicht zu allem Ja und Amen gesagt hätten, etwas aufzuschwatzen, mit dem Erfolg, dass sie den Job sofort wieder los war. Eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten, die aber nach Außen natürlich nicht so aussah.
Hätten also alle Menschen weltweit eine bedingungslose (!) Existenzsicherung, könnten alle Menschen sich dem hingeben und widmen, wozu sie auf diese schöne Erde gekommen sind. Sie könnten das umsetzen, was immer schon ihr Herzenswunsch war. Und wenn sie es nicht mehr wissen, könnten sie sich erst einmal heilen, um danach das zu tun, wofür sie hierher gekommen sind. Und vielleicht wäre das beim einen, dass er die Streitereien der anderen schlichtet, weil es ihn mit Freude erfüllt und vielleicht wäre es beim anderen, dass er gesunde Süßigkeiten erfindet für die eigenen Kinder und auch für alle anderen oder vielleicht auch erst einmal nur für sich selbst.
Ja, aber wer würde denn dann noch den Müll abholen? Wer würde die Wohnungen putzen? Wer würde denn all das machen, was keiner machen will?
Nun, vielleicht entstehen daraus ganz neue Ideen der Müllvermeidung (die es übrigens schon zahlreich gibt). Vielleicht entdecken wir selbst, wie gut es uns tut, unser Umfeld und damit auch uns selbst zu reinigen, anstatt diese Arbeit an Menschen auszulagern, die unseren Dreck nur wegräumen, weil sie damit ihre Existenz sichern müssen.
Wie viele neue Berufe, Erfindungen, Erfahrungen würden wir als Menschheit machen, wenn jeder dem nachgeht, was er besonders gut kann. Der eine kann gut erzählen, der andere kann gut zuhören. Der eine ist detailversessen, der andere plant gerne nur das grobe. Der eine liebt die Gartenarbeit, der andere das Büro...etc.
„Ja, aber...wenn dann alle nur noch Gartenarbeit machen wollen“, denkt sich jetzt vielleicht ein Gärtner. „Wenn alle nur noch Therapeuten sein wollen“, denkt sich jetzt ein Therapeut. „Wenn alle Schauspieler werden wollen?“ denkt sich der Schauspieler.
Wir sind so unterschiedlich wie alles andere in der Natur. So perfekt das Ökosystem abgestimmt ist, so perfekt sind auch wir aufeinander abgestimmt mit unseren Talenten, Ideen, Visionen, Plänen, Wünschen, Träumen. Wenn wir uns die Natur anschauen, die in ihrer Vielfältigkeit so perfekt ist, aus sich heraus so gesund, wenn wir nicht eingreifen, dann können wir erkennen wie wir einmal gedacht waren. Wir sind ein Teil des Ganzen und gleichzeitig sind wir als Teil ein Ganzes. Wir sind Teil dieser perfekten Natur, wir haben es nur vergessen. Wir haben uns über alles andere gestellt. Der Mensch als Herr der Schöpfung. Nein, das sind wir nicht. Wir haben eine andere Funktion als Pflanzen oder Tiere, aber wir sind trotzdem ein Teil des Ganzen und hängen mit allem zusammen, so wie alles mit uns zusammenhängt. Das in der Tiefe zu spüren macht zutiefst glücklich. Es ist etwas, was man nicht erklären kann, man kann es nur erfahren. Ich spüre diese Verbindung immer sobald ich in der Natur bin, mich ihr ganz öffne. Was heißt das? Es heißt, still zu werden, präsent. Nichts wollen als einfach nur da sein.
Jeder kennt das: der Blick auf den Sonnenuntergang. Der Blick aufs Meer im Urlaub. Der Blick auf den Wald. Die blaue Stunde draußen erleben ohne Handy mit dem man sofort die Schönheit einfangen möchte. Glück lässt sich nicht einfangen. Es ist sofort weg, sobald man es festhalten will. Sonst ist es einfach nur da. Und jeder Versuch es festzuhalten, entfernt uns aus dem Glück, aus der Verbundenheit, weil wir uns in dem Moment, da wir es festhalten wollen, mit einem Moment verbinden in dem es nicht mehr da sein könnte. Schwupps fallen wir raus aus der Verbindung in der wir gerade waren. „Oh, was für ein schöner Sonnenuntergang. Wo ist mein Handy, ich muss ihn fotografieren?“ Schwups ist das schöne am Sonnenuntergang vorbei. „Oh, was für ein wunderbarer Moment wie wir hier zusammen sitzen und singen.“ „Du hast Recht, lass es uns aufnehmen und auf youtube stellen.“ Schwupps vorbei. „Oh wie herrlich ist diese Blume. Wie wundervoll ihr Duft. Ich kann nicht aufhören an ihr zu riechen.“ „Das ist eine Rose.“ Schwups vorbei.
Um also wieder zu lernen ganz wir zu sein, müssen wir uns dessen bewusst werden, was uns unzufrieden sein lässt. Die Unzufriedenheit und die Wut sind ein fantastischer Schlüssel, um zu merken, wo etwas für mich nicht stimmt. Sobald uns das bewusst geworden ist, haben wir die Möglichkeit, alles zu verändern. Unser Leben auf den Kopf zu stellen und zu spüren, wie lebendig uns das auf einmal wieder werden lässt.

Denn wie hat Albert Einstein es schon so schön ausgedrückt:
„Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu belassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert.“

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