Der Waldolm und die Grille
Der Waldolm lief schimpfend und grummelnd durchs Unterholz. Er meckerte vor sich hin und jedes Mal, wenn ihm wieder ein Gedanke kam der ihm nicht gefiel, dann furzte er ganz laut. Je länger er herumrannte und je mehr er furzte, umso übellauniger wurde er. Er schimpft darüber, dass der Wald um ihn herum immer dunkler wurde, dass in seiner Nähe fast keine Vögel mehr waren, dass überhaupt niemand um ihn war. Sobald sich jemand näherte, musste er allerdings so sehr furzen, dass die Person sich nur schnellstmöglich in Deckung bringen konnte.
Der Waldolm kam nun eines Tages auf eine Lichtung. Die Lichtung war so lichterfüllt und hell, dass es ihn blendete und er erblindete von einem Moment auf den andren. So saß er auf der sonnenerfüllten Lichtung und doch tat sich um ihn herum eine Dunkelheit auf, von der er ahnte, dass sie ihn niemals mehr loslassen würde. Plötzlich hörte er neben sich ein leises Zirpen:
„Ich kann nicht mehr gehen. Oh bitte, lieber Waldolm, hilf mir. Ich kann nicht hüpfen, ich kann nicht springen, ich kann mich nicht bewegen. Was ist das nur?“
„Ich kann dich nicht sehen!“ erwiderte der Waldolm. „Ich bin erblindet. Ich werde dir wohl kaum eine Hilfe sein.“
„Aber ich könnte dir eine Hilfe sein. Ich sehe noch ganz gut,“ erwiderte die Grille. „Nimm mich auf den Arm, dann können wir uns zusammen einen Weg bahnen.“
Zuerst gefiel dem Waldolm die Idee, die Welt durch andere Augen betrachten zu müssen, überhaupt nicht. Aber dann ließ er sich doch darauf ein. Sobald ihm die Grille lästig würde, könnte er sie einfach wieder wegwerfen, dachte er.
„Wo bist du?“ fragte der Olm.
„Streck deinen linken Arm aus!“ sagte die Grille.
„Weiter nach links,“ fiepte sie. „Nein jetzt mehr nach rechts... nein... wieder ein Stück zurück.“
„Na das klappt ja schon prima!“ fauchte der Olm und ließ einen laut donnernden Furz los.
„Um Himmels Willen!“ schrie die Grille. „Was war das denn?“
Da errötete der Olm ein wenig.
„Komm schon. Wo bist du?“ fragte er verlegen.
„Ich sitze auf einer Tanne, die direkt vor deiner Nase steht. Du musst hinaufklettern und mich holen.“
Der Olm schnaubte wütend und hätte am liebsten noch einen Furz losgelassen, aber irgendetwas war da, was ihn nach den Anweisungen der Grille zum Baum trotten ließ.
„Pass auf!“ schrie die Grille. „Sonst läufst du noch dagegen. Jetzt musst du deinen rechten Fuss heben, höher, höher, noch höher, ja und mit dem linken Arm, genau, kannst du dich festhalten und jetzt zieh dich hoch.“
Der Olm schnaufte vor Anstrengung.
„Komm hoch zu mir, es ist nicht mehr weit.“
Nach den Anweisungen der Grille stieg der Olm Ast für Ast nach oben. Doch als er fast da war, kam eine Windböe und riss die Grille mit sich. Der Olm selbst konnte sich nur mit Mühe an den Baum festklammern, um nicht selbst auch noch hinunter zu purzeln. Auf was hatte er sich da nur eingelassen.
„Okay, jetzt ist es nicht mehr weit, hast du gesagt. Wo muss ich hingreifen?“ fragte der Olm. Aber die Grille antwortete nicht.
„Hey, verflucht noch mal!“ brüllte er und beinahe wäre ihm wieder ein Furz ausgekommen. „Wo steckst du? Willst du mich zum Narren halten?“
Nichts. Kein Fiepen, kein Zirpen, absolut nichts.
Dem Olm wurde mulmig zumute, wie er da so einsam auf einer Tanne hing und nicht wusste, wie er da alleine wieder herunterkommen sollte. Warum hatte er sich nur darauf eingelassen?
Ganz vorsichtig suchte er mit seinem linken Fuss Halt auf einem unteren Ast. Dann zog er den rechten nach. Sehr langsam, aber mutig Stück für Stück, stieg er nach unten.
„Wo bist du Grille, Teufel noch mal?“ schrie er wütend als er den letzten Ast verfehlt hatte und herunter geplumpst war. Nun hatte er sich auch noch seinen Fuß ein wenig verletzt.
„Du bringst es noch so weit, dass ich zu meiner Blindheit gleich auch nicht mehr laufen kann.“ Er schrie und tobte und furzte, dass es nicht zum aushalten war. Aber die Grille ließ nichts mehr von sich hören.
„Soll sie doch hingehen wo der Pfeffer wächst.“ Er war wirklich sehr wütend. Und langsam wurde er auch noch hungrig. „Wie soll ich denn etwas zu essen finden, ohne zu sehen?“ Er schnüffelte herum, aber da er so viel gefurzt hatte, konnte seine Nase außer Schwefelgeruch nicht viel wahrnehmen.
„Pilze riechen stark!“ dachte er sich. „Ich muss mit meiner Nase einfach nur näher zum Boden. Dann finde ich ganz bestimmt Pilze.“
Er kniete sich hin und krabbelte wie ein Hund schnüffelnd über den Boden. Da stupste er mit seiner Nase an etwas komisches, kratziges und er vernahm ein ganz leises, hauchzartes Stimmchen. Aber er verstand nichts. Er sperrte seine Ohren so weit auf, wie er nur konnte.
„Grille, was ist mit Dir? Sprich lauter, ich kann dich nicht verstehen.“ hauchte er zart.
Aber es kam nichts aus ihr heraus, was er verstehen konnte.
Behutsam nahm er das, was er fühlen konnte hoch und steckte es in seine Rocktasche. Zu Hause würde er ihr eine schöne Suppe kochen, aus Wurzeln und Pilzen und mit Heilkräutern versetzt. Das würde sie wieder zu Kräften bringen, seine, Grille, der es so schlecht ging, dass sie noch nicht einmal mehr sprechen konnte. Er rannte los, in den Wald hinein, einen Arm vor dem Körper, einen anderen vor seiner Rocktasche, damit ihnen beiden nichts passieren sollte.
Zu Hause angekommen schürte er den Ofen an und schnitt Wurzeln und Gemüse klein. Er kochte eine herrliche Suppe in die er alle Heilkräuter warf, die er finden konnte. Als die Suppe nicht mehr ganz so heiß war, tauchte er einen Finger hinein und legte ihn der Grille an den Mund, die anfing eifrig daran zu saugen. So ging das eine Weile, bis die Grille nichts mehr zu sich nehmen konnte.
Also schnappte er sich selbst den Topf und leerte den Rest in seinen Schlund. Dann lief er zu seinem Bett, ließ sich hineinfallen und war in der nächsten Sekunde eingeschlafen.
Mitten in der Nacht erwachte er. Irgendetwas kratzte auf seinem Tisch herum. „Grille, was machst du?“ fragte er. Aber auch diesmal bekam er wieder keine Antwort und das Kratzen hörte auf.
Er drehte sich auf die andere Seite, aber sein Schlaf war unruhig. Er war auf einem riesigen Baum und unter ihm kein Ast auf den er hätte steigen können. Um hinunter zu kommen musste er springen und er sprang und wachte davon auf dass er mit dem Kopf voran auf den Fußboden knallte.
„Herrgott!“ schrie er. „So ein Unglück.“ Da wurde ihm gewahr, dass er wieder sehen konnte. Seine Hütte war Licht durchflutet, der ganze Raum strahlte.
„Ich kann wieder sehen!“ rief er. „Grille, wo bist du? Ich kann wieder sehen, wie ist das herrlich.“ Er lief durch den Raum und sang und sprang. Aber wo war nur die Grille wieder hingeraten. Auf dem Tisch lag ein kleines Aststückchen, ansonsten nichts zu sehen.
„Wie undankbar doch die anderen sind,“ sagte der Olm zu sich. „Da habe ich sie verpflegt und geschützt und getragen und ihr Suppe gekocht, als es ihr schlecht ging und das ist nun der Dank, dass sie sich einfach aus dem Staub macht. Nichts als Undank in der Welt.“
Er nahm den kleinen Ast und warf ihn aus dem Fenster. Plötzlich bemerkte er, dass das gar nicht seine Hütte war, in der er sich befand und dass er gar nicht in seinem eigenen Bett geschlafen hatte und noch ehe er sich wieder sammeln konnte, ging die Tür auf und ein kleines Mütterlein kam herein.
„Da sind wir also wieder aufgewacht,“ sagte es. „Dann ist ja noch mal alles gut gegangen. Die Grille und ich, wir dachten schon, dich hätte es erwischt.“ „Die Grille?“ fragte der Olm ungläubig. „Wo ist sie, die Undankbare, nachdem ich ihr das Leben gerettet habe?“
Das Mütterlein lachte laut auf.
„Du hast ihr nicht das Leben gerettet. Sie hat deines gerettet. Mach doch die Augen auf, sieh dich um. Ihr seid beide vom Baum gestürzt. Du warst ohnmächtig und hätte die Grille nicht so wahnsinnig geschrien, wäre ich nicht auf Euch aufmerksam geworden und hätte euch nicht hierher bringen können.“
„Aber ich habe doch die Grille…“ stotterte der Olm
„Fieberträume, mein Lieber.“ sagte die Alte.
„Wo ist sie?“
Sie sitzt draußen vor der Türe in der Sonne. Wenn Du Glück hast, ist sie noch am Leben.
„Was?“ Der Olm rannte nach draußen. Da saß eine kleine, völlig zerzauste Grille, der drei Beine fehlten.
„Wenigstens du hast den Sturz überlebt,“ hauchte sie schwach.
Der Olm sah sie fassungslos an.
„Aber…“
„Ich bin alt,“ sagte sie. „Das macht doch nichts. Hauptsache, dir geht es gut. Wenn man so jung ist wie du, kann man sein Leben noch genießen.“
„Das habe ich nie gelernt,“ sagte der Olm. „Wie macht man das?“
„Schau mir zu wie ich sterbe,“ sage die Grille. „Und versäume nicht einen einzigen Moment.“
Der Olm setzte sich zu ihr und wagte kaum zu blinzeln. So angestrengt schaute er der Grille beim Sterben zu und als sie tot war, blieb er noch eine Weile sitzen. Dann ging er ins Häuschen, um sich bei der Alten zu bedanken und machte sich auf den Heimweg zu seiner eigenen Hütte. Er sah sich um. Wie herrlich alles war. Die Sonne fiel selbst bis zu ihm durch das Dickicht. Der Wind ließ die Blätter rauschen. Die Vögel sangen und er selbst setzte einen Fuß vor den anderen und spürte das Moos zwischen seinen Zehen.
„Ich kann nicht mehr gehen. Oh bitte, lieber Waldolm, hilf mir. Ich kann nicht hüpfen, ich kann nicht springen, ich kann mich nicht bewegen. Was ist das nur?“
„Ich kann dich nicht sehen!“ erwiderte der Waldolm. „Ich bin erblindet. Ich werde dir wohl kaum eine Hilfe sein.“
„Aber ich könnte dir eine Hilfe sein. Ich sehe noch ganz gut,“ erwiderte die Grille. „Nimm mich auf den Arm, dann können wir uns zusammen einen Weg bahnen.“
Zuerst gefiel dem Waldolm die Idee, die Welt durch andere Augen betrachten zu müssen, überhaupt nicht. Aber dann ließ er sich doch darauf ein. Sobald ihm die Grille lästig würde, könnte er sie einfach wieder wegwerfen, dachte er.
„Wo bist du?“ fragte der Olm.
„Streck deinen linken Arm aus!“ sagte die Grille.
„Weiter nach links,“ fiepte sie. „Nein jetzt mehr nach rechts... nein... wieder ein Stück zurück.“
„Na das klappt ja schon prima!“ fauchte der Olm und ließ einen laut donnernden Furz los.
„Um Himmels Willen!“ schrie die Grille. „Was war das denn?“
Da errötete der Olm ein wenig.
„Komm schon. Wo bist du?“ fragte er verlegen.
„Ich sitze auf einer Tanne, die direkt vor deiner Nase steht. Du musst hinaufklettern und mich holen.“
Der Olm schnaubte wütend und hätte am liebsten noch einen Furz losgelassen, aber irgendetwas war da, was ihn nach den Anweisungen der Grille zum Baum trotten ließ.
„Pass auf!“ schrie die Grille. „Sonst läufst du noch dagegen. Jetzt musst du deinen rechten Fuss heben, höher, höher, noch höher, ja und mit dem linken Arm, genau, kannst du dich festhalten und jetzt zieh dich hoch.“
Der Olm schnaufte vor Anstrengung.
„Komm hoch zu mir, es ist nicht mehr weit.“
Nach den Anweisungen der Grille stieg der Olm Ast für Ast nach oben. Doch als er fast da war, kam eine Windböe und riss die Grille mit sich. Der Olm selbst konnte sich nur mit Mühe an den Baum festklammern, um nicht selbst auch noch hinunter zu purzeln. Auf was hatte er sich da nur eingelassen.
„Okay, jetzt ist es nicht mehr weit, hast du gesagt. Wo muss ich hingreifen?“ fragte der Olm. Aber die Grille antwortete nicht.
„Hey, verflucht noch mal!“ brüllte er und beinahe wäre ihm wieder ein Furz ausgekommen. „Wo steckst du? Willst du mich zum Narren halten?“
Nichts. Kein Fiepen, kein Zirpen, absolut nichts.
Dem Olm wurde mulmig zumute, wie er da so einsam auf einer Tanne hing und nicht wusste, wie er da alleine wieder herunterkommen sollte. Warum hatte er sich nur darauf eingelassen?
Ganz vorsichtig suchte er mit seinem linken Fuss Halt auf einem unteren Ast. Dann zog er den rechten nach. Sehr langsam, aber mutig Stück für Stück, stieg er nach unten.
„Wo bist du Grille, Teufel noch mal?“ schrie er wütend als er den letzten Ast verfehlt hatte und herunter geplumpst war. Nun hatte er sich auch noch seinen Fuß ein wenig verletzt.
„Du bringst es noch so weit, dass ich zu meiner Blindheit gleich auch nicht mehr laufen kann.“ Er schrie und tobte und furzte, dass es nicht zum aushalten war. Aber die Grille ließ nichts mehr von sich hören.
„Soll sie doch hingehen wo der Pfeffer wächst.“ Er war wirklich sehr wütend. Und langsam wurde er auch noch hungrig. „Wie soll ich denn etwas zu essen finden, ohne zu sehen?“ Er schnüffelte herum, aber da er so viel gefurzt hatte, konnte seine Nase außer Schwefelgeruch nicht viel wahrnehmen.
„Pilze riechen stark!“ dachte er sich. „Ich muss mit meiner Nase einfach nur näher zum Boden. Dann finde ich ganz bestimmt Pilze.“
Er kniete sich hin und krabbelte wie ein Hund schnüffelnd über den Boden. Da stupste er mit seiner Nase an etwas komisches, kratziges und er vernahm ein ganz leises, hauchzartes Stimmchen. Aber er verstand nichts. Er sperrte seine Ohren so weit auf, wie er nur konnte.
„Grille, was ist mit Dir? Sprich lauter, ich kann dich nicht verstehen.“ hauchte er zart.
Aber es kam nichts aus ihr heraus, was er verstehen konnte.
Behutsam nahm er das, was er fühlen konnte hoch und steckte es in seine Rocktasche. Zu Hause würde er ihr eine schöne Suppe kochen, aus Wurzeln und Pilzen und mit Heilkräutern versetzt. Das würde sie wieder zu Kräften bringen, seine, Grille, der es so schlecht ging, dass sie noch nicht einmal mehr sprechen konnte. Er rannte los, in den Wald hinein, einen Arm vor dem Körper, einen anderen vor seiner Rocktasche, damit ihnen beiden nichts passieren sollte.
Zu Hause angekommen schürte er den Ofen an und schnitt Wurzeln und Gemüse klein. Er kochte eine herrliche Suppe in die er alle Heilkräuter warf, die er finden konnte. Als die Suppe nicht mehr ganz so heiß war, tauchte er einen Finger hinein und legte ihn der Grille an den Mund, die anfing eifrig daran zu saugen. So ging das eine Weile, bis die Grille nichts mehr zu sich nehmen konnte.
Also schnappte er sich selbst den Topf und leerte den Rest in seinen Schlund. Dann lief er zu seinem Bett, ließ sich hineinfallen und war in der nächsten Sekunde eingeschlafen.
Mitten in der Nacht erwachte er. Irgendetwas kratzte auf seinem Tisch herum. „Grille, was machst du?“ fragte er. Aber auch diesmal bekam er wieder keine Antwort und das Kratzen hörte auf.
Er drehte sich auf die andere Seite, aber sein Schlaf war unruhig. Er war auf einem riesigen Baum und unter ihm kein Ast auf den er hätte steigen können. Um hinunter zu kommen musste er springen und er sprang und wachte davon auf dass er mit dem Kopf voran auf den Fußboden knallte.
„Herrgott!“ schrie er. „So ein Unglück.“ Da wurde ihm gewahr, dass er wieder sehen konnte. Seine Hütte war Licht durchflutet, der ganze Raum strahlte.
„Ich kann wieder sehen!“ rief er. „Grille, wo bist du? Ich kann wieder sehen, wie ist das herrlich.“ Er lief durch den Raum und sang und sprang. Aber wo war nur die Grille wieder hingeraten. Auf dem Tisch lag ein kleines Aststückchen, ansonsten nichts zu sehen.
„Wie undankbar doch die anderen sind,“ sagte der Olm zu sich. „Da habe ich sie verpflegt und geschützt und getragen und ihr Suppe gekocht, als es ihr schlecht ging und das ist nun der Dank, dass sie sich einfach aus dem Staub macht. Nichts als Undank in der Welt.“
Er nahm den kleinen Ast und warf ihn aus dem Fenster. Plötzlich bemerkte er, dass das gar nicht seine Hütte war, in der er sich befand und dass er gar nicht in seinem eigenen Bett geschlafen hatte und noch ehe er sich wieder sammeln konnte, ging die Tür auf und ein kleines Mütterlein kam herein.
„Da sind wir also wieder aufgewacht,“ sagte es. „Dann ist ja noch mal alles gut gegangen. Die Grille und ich, wir dachten schon, dich hätte es erwischt.“ „Die Grille?“ fragte der Olm ungläubig. „Wo ist sie, die Undankbare, nachdem ich ihr das Leben gerettet habe?“
Das Mütterlein lachte laut auf.
„Du hast ihr nicht das Leben gerettet. Sie hat deines gerettet. Mach doch die Augen auf, sieh dich um. Ihr seid beide vom Baum gestürzt. Du warst ohnmächtig und hätte die Grille nicht so wahnsinnig geschrien, wäre ich nicht auf Euch aufmerksam geworden und hätte euch nicht hierher bringen können.“
„Aber ich habe doch die Grille…“ stotterte der Olm
„Fieberträume, mein Lieber.“ sagte die Alte.
„Wo ist sie?“
Sie sitzt draußen vor der Türe in der Sonne. Wenn Du Glück hast, ist sie noch am Leben.
„Was?“ Der Olm rannte nach draußen. Da saß eine kleine, völlig zerzauste Grille, der drei Beine fehlten.
„Wenigstens du hast den Sturz überlebt,“ hauchte sie schwach.
Der Olm sah sie fassungslos an.
„Aber…“
„Ich bin alt,“ sagte sie. „Das macht doch nichts. Hauptsache, dir geht es gut. Wenn man so jung ist wie du, kann man sein Leben noch genießen.“
„Das habe ich nie gelernt,“ sagte der Olm. „Wie macht man das?“
„Schau mir zu wie ich sterbe,“ sage die Grille. „Und versäume nicht einen einzigen Moment.“
Der Olm setzte sich zu ihr und wagte kaum zu blinzeln. So angestrengt schaute er der Grille beim Sterben zu und als sie tot war, blieb er noch eine Weile sitzen. Dann ging er ins Häuschen, um sich bei der Alten zu bedanken und machte sich auf den Heimweg zu seiner eigenen Hütte. Er sah sich um. Wie herrlich alles war. Die Sonne fiel selbst bis zu ihm durch das Dickicht. Der Wind ließ die Blätter rauschen. Die Vögel sangen und er selbst setzte einen Fuß vor den anderen und spürte das Moos zwischen seinen Zehen.
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